Jetzt gilt´s! – den Winter überleben

Ende September – da blüht noch was! zum Beispiel der Rotklee. Wir mähen weitestgehend um ihn herum.

Es lässt sich nicht mehr weg leugnen, es ist weder zu übersehen noch zu überhören: Der Herbst ist da. Pünktlich mit dem Buntwerden der Blätter und dem Auftauchen der Morgennebel beginnt die letzte große Gartenwerkelei des Jahres. Überall im Dorf wird nochmal gemäht, mit dem Freischneider alles ordentlich gekürzt, die Gräben werden bis in die obersten Erdschichten hinein gemulcht, Beete werden aufgeräumt, Laub gerecht, Bäume geschnitten, Hecken gestutzt, Äste und Laub verbrannt. Alles muss seine Ordnung haben, bevor der lange Winter kommt.

Während die einen Erdenbewohner sich auf den Winter vorbereiten, in dem sie für Ordnung sorgen, versuchen andere Erdenbewohner, ihr Überleben für diese Zeit zu sichern. Dabei ist Ordnung für sie gar nicht in Ordnung. Sie brauchen Nahrung bis zum Schluss, dann frostsichere Verstecke, Orte, an denen sie geschützt in Winterstarre fallen können, Material für Winternester und – falls sie wachbleiben – Nahrung, die sie durch die nächsten Monate bringt.

Der Grasstreifen entlang des Zauns ist das Kontrastprogramm zur landwirtschftlich intensiv genutzten Nachbarwiese. Er bleibt das ganze Jahr über stehen und wird – wenn überhaupt – nur meterweise mal per Hand gekürzt. Vom Zaun aus jagen Vögel dort Insekten. Der Igel kruschtelt sich lautstark durch. Auch Kröten haben wir dort schon entdeckt.
In Grasbüscheln an Bäumen finde ich eigentlich immer große Grashüpfer. Nur natürlich nicht jetzt, wenn ich dringend einen für ein Beweisfoto suche… typischer Vorführeffekt.

Auf blanker Erde in einem leeren Beet oder in einem kurzgeschnittenen Rasen? So ungeschützt kann niemand überwintern. Dafür braucht es was ganz anderes: angehäuftes Laub, unter das man kriechen, Altgras und hohe Stauden, zwischen deren Stängeln man sich verstecken, und Halme, an die man sich klammern kann. Tiere, die den Winter über wachbleiben wie die Vögel, finden an solchen Orten dann auch Nahrung.

Während die einen Erdenbewohner ihre Heizungen hochdrehen und Öfen schüren, geht es für andere Erdenbewohner draußen im Freien ums Überleben! Jeder Land- und Gartenbesitzer entscheidet mit, wie hart dieser Überlebenskampf sein wird, und ob ein Überleben in seinem Garten möglich ist.

Dieser Graskomposthaufen hat viele Nutznießer. Die in seiner Wärme lebenden Kleinsttiere wandeln diesen Grasberg in perfekte Erde um. Letztes Frühjahr holten Meisen, Spatzen, Amseln und Wacholderdrosseln das alte watschelige Gras für ihre Nester. Und er ist die perfekte Grundlage für die nächste Tomaten- und König Kürbis-Saison! Dünger kaufen kann ich mir getrost sparen.

 

 

Wie das geht? Ganz einfach :-): Weniger tun.

  • Nicht so viel aufräumen, weniger menschliche (…deutsche?…) Gartenordnung ist deutlich mehr.
  • Kruschtel- und Versteckecken dulden.
  • Nicht alles auf einmal mähen. Hohes Gras den Winter über stehen lassen, wenigstens entlang von Zäunen oder in schmalen Streifen.
  • Nicht alles Verblühte ratzekahl abschneiden.
  • und vor allem: Laub liegenlassen.

Du wirst sehen:

  • Bis zum Frühjahr sind – auch, wenn´s kaum jemand glauben will 🙂 – fast alle Blätter wie von alleine verschwunden. Probier´s aus!
  • Verblühte Stauden knicken irgendwann um, und machen Platz für die neuen Triebe. Dann kannst du sie immer noch wegräumen, wenn du möchtest.
  • Das Gras läuft den Winter über nicht weg, und lässt sich auch im Frühjahr noch gut mähen.

Durch weniger Tun verwandelt sich ein Garten in eine Überlebensinsel. Und der Lohn? Leben! Bunte Schmetterlinge auf bunten Blüten – Sommerkitsch pur. Ein Heuschrecken-Grillen-Sommerkonzert – Urlaubsstimmung daheim. Ein Igel im Garten – so ein kleiner Kerl erzeugt einfach Glücksgefühle!

Mädesüßgebüsch am Zaun: Im Herbst hägen Distelfinken, Grünfinken und Spatzen stundenlang in den Dolden und holen sich die Samen. Wenn im zeitigen Frühjahr dann irgendwann die Stängel umknicken, räume ich sie auf den Ast- oder Grashaufen. Verbrennen kommt nicht in Frage, denn in den hohlen Stängeln könnten Tiere überwintern.
Jede Grasinsel ist wie eine Rettungs- und Überlebensinsel. Dort, wo man ohnehin eigentlich nie einen Fuß hinsetzt, kann man ruhig was stehen und wachsen lassen.
Das „Gestrüpp“ unter´m Gebüsch bleibt auch schön stehen. Hier hielt im letzten Winter ein Igel seinen Winterschlaf. Er baute sich aus alten Grashalmen ein Nest unter den Grasbüscheln. Ich berichtete von seiner Entdeckung.
Eigentlich wollte ich gerade schreiben, dass man hier Altgras sieht. Aber so „alt“ sieht das kräftige Grün gar nicht aus. Hier haben wir dieses Jahr kein einziges Mal gemäht. Jede Menge Grashüpfer hüpfen dort herum, die uns an manchen Tagen sogar noch ein Spätsommerkonzert zirpen.
Bald sieht es zwischen unseren vielen Bäumen so aus: Überall Laub. Und dazwischen: Nahrungssuchende!
Laub im Garten liegenlassen – die Regenwürmer, und damit dein Boden und damit wiederum deine Pflanzen werden es dir danken.

 


Weitere Beiträge zum Überleben der Tierwelt im Garten findest du hier:

Ein Igel im Heuhaufen
Regenwürmer in den Schlagzeilen
Blätterfall und die Heinzelmännchen
Plintslicho, der beinlose Schneckenschreck

Die rätselhafte Rosettenpflanze Teil 3

 

22 Kommentare

  1. Ich lasse in diesem Jahr auch wieder das Gras wachsen.Zuvor war vieles in Beete eingeteilt und ich achtete immer darauf alles vom Gras getrennt zu halten.Viel zu mühsam!Das schaffe ich mittlerweile nicht mehr.Jetzt habe ich Wildstauden gepflanzt,die auch in einer Wiese gut wachsen und mähe nur einen Gehweg.Aber mit dem Laub bin ich doch noch am überlegen.Es gibt nicht nur Obst und Buchenlaub hier.Auch welches von Eichen.Soll ich es wirklich auf der Wiese liegenlassen?

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    • Wir haben auch eine Eiche. Sie steht in einem Garteneck am Zaun. Auch ihr Laub haben wir noch nie weggerecht. Probier´s aus! Oder, wenn du dir zu unsicher bist, dann noch zwei Vorschläge zum Herantasten:

      – Eichenlaub auf einen Haufen rechen, wo es nicht stört, und dort liegen lassen. Wenn alles, auf einem Haufen liegt braucht es natürlich länger, bis es verschwindet oder zu Erde umgewandelt wird. Aber dafür hast du es nicht überall verteilt. Nachteil: Da der Haufen länger liegenbleibt, kommt da über diese Zeit auch kein Licht auf den Boden. Am besten eine Ecke suchen, auf der eh nicht viel wächst. Oder unter eine Hecke rechen.

      – oder in der ersten Zeit des Laubfalls das Eichenlaub wegrechen, und in der zweiten Laubfallzeit das Laub liegen lassen. Dann kannst du mit einer kleineren Mengen Eichenlaub einfach mal testen, ob sich da wirklich was tut.

      Ich halte das für eins der vielen Gartengerüchte, dass unter einer Eiche nichts mehr wächst und Eichenlaub das Gras verdirbt. Im Gegenteil. Das Gras dort wächst wunderbar und jedes Jahr kommt ein neues blühendes Kraut hinzu, woher auch immer die einwandern.

      🙂 Trau dich!

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  2. Vielen Dank für diesen wichtigen Beitrag ! Ich „freue“ mich jedes Jahr wieder, wenn im Herbst die Gärtnerkolonnen mit ihren Laubbläsern ALLES wegpusten, was nützlich ist. Unter den Buchenhecken, auf dem Rasen, bleibt kein Blatt liegen. Wie schön dagegen deine Versteckecken mit Igelanbindung 🙂 – Auf der Baumscheibe darf das Laub dann liegenbleiben und von Regenwürmern und anderen Tieren gefressen und gentutzt werden. Was ich noch fragen wollte: als ich dort anfing zu gärtnern, kam mir kein Regenwurm entgegen. Höchstens so Goldkäfer, die ich durch meine Ackerei jetzt vermutlich vertrieben habe (die Armen). Dafür finde ich zunehmend Regenwürmer. Wie kommen die dahin ? Saßen die in tieferen Erdschichten ?? Es ist ja alles ringsum gepflastert. Ich freue mich jedenfalls über den Zuwachs. – Schön, dein Herbstgarten. Da fühlen sich bestimmt viele Tiere wohl. Ein Glück, daß es bei dir diese „Insel der Glückseligen“ gibt 😉 !!!

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    • Oh, diese Laubbläser…da beiß ich mir mal lieber auf die Zunge 😉
      Gute Frage! Keine Ahnng, wie die Regenwürmer dahinkommen. Erstaunlich, vielleicht tatsächlich aus tieferen Schichten? Oder aus benachbarten Gärten? Gibt es da welche? Viele Kleintiere können neue Gebiete mit Hilfe von anderen Tieren, v.a. Vögeln, besiedeln. An den Vögelfüßen bleiben zum Beispiel Eier, Larven oder Dauerstadien kleben. Dadurch werden sie über weite Strecken transportiert. So tauchen zum Beispiel Wasserläufer und Co plötzlich an neu angelegten Gewässern auf, auch wenn weit und breit kein anderes Gewässer vorhanden ist.
      Aber ob es sowas auch bei Regenwürmern gibt? keine Ahnung…
      Jedenfalls super, dass sie jetzt da sind! Welch Lob für deine Gartenarbeit 🙂 Ich bin gespannt, ob es Reaktionen auf das Laub liegen lassen gibt. Oder ob dann nicht doch ein übereifriger Laubbläser drüberpustet…

      Danke! 🙂 „Insel der Glückseligen“ hihi!

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      • Mir war das schon immer schleierhaft, warum die das wegpusten. Auf Wegen, okay, da soll keiner ausrutschen, aber unter die Büsche oder Hecken, da gehört es doch hin. Manno. Wat sind wir heute, wie soll ich sagen, „degeneriert“ oder „denaturiert“, haha 😉 ???

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  3. Deine Art der naturverbundenen Gartenpflege spricht mir aus dem Herzen!
    Ich lasse ebenfalls das Laub meiner Eberesche und des Holunderstrauchs im Garten liegen und lasse vertrockenete Staudenstengel mit Samen als Vogelfutter stehen.

    Tatsächlich hole ich mir sogar noch zusätzliches, zusammengefegtes Laub vom Bürgersteig – ich wohne an einer Hainbuchenallee – und verteile es als Mulch und Winterdecke zwischen den Pflanzen.

    In einer Ecke hat sich durch Efeu, der am Holunderbusch herumrankt, ein verstecktes Plätzchen gebildet – sozusagen ein Efeurankenzelt. das an einer Seite noch durch eine kleine Trockenmauer windgeschützt ist.
    Dort schütte ich jeden Herbst eimerweise Hainbuchlaub aus, damit vielleicht mal ein Igel zum Überwintern kommt.

    Es ist immer wieder erstaunlich, was für Massen an Laub und sonstigen Pflanzenresten im Laufe des Jahres von Regenwurm & Co zu Erde/Humus verarbeitet werden. Man muß einfach nur aufmerksam, dankbar und GEDULDIG das sichtbar-unsichtbare Wirken der Natur beobachten.
    Herzensgruß von mir zu Dir 🙂

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    • 🙂 sehr schön geschrieben, liebe Ulrike!
      Du holst dir sogar Laub von den Gehsteigen? hihi! Das könnte auch ich sein.
      Und? Hat dort schon mal ein Igel in dem Efeurankenzelt überwintert? Aber wenn nicht er, dann nutzen das bestimmt andere Tiere!
      Ja, Regenwürmer und die anderen Zersetzer leisten unglaubliche Arbeit. Einfach dadurch, dass sie ihren Beschäftigungen nachgehen. Ich bin auch jedes Jahr wieder erstaunt, wie sehr man zusehen kann, dass die Blätter verschwinden. Und wir haben echt viele Bäume im Garten! Und dann auf dem Kompost! Da kippen wir drauf und drauf und drauf, und er sackt immer wieder zusammen, weil alles so schnell zerkleinert und aufgearbeitet wird.
      Geduld – in einer angeblich immer schneller werdenen Zeit eine wahre Tugend. Enfach mal lassen – das scheint eins der schwersten Dinge für den Menschen zu sein.

      Bunte Herbstgrüße zurück!
      Sabine

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      • Danke für Deine Zustimmung zu meinen Zeilen, liebe Sabine!
        Bisher hat sich noch kein Igel ins Efeurankenzelt verirrt, was aber auch daran liegen kann, daß hier der Wald recht nahe liegt und vielleicht noch bessere Versteckmöglichkeiten bietet.
        Immerhin scheinen aber Tiere dort zu lagern, da ich manchmal eine eingedrückte Kuhle im Laub vorfinde …
        kann aber auch Nachbars Katze gewesen sein.
        Ja, der Materialverbrauch auf dem Kompost ist auch bei mir immer wieder sensationell.
        Naturverbundene Grüße
        Ulrike :mrgreen:

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    • Hallo gartenkuss!
      Oh, welche Ehre! Danke! Und gleichzeitig Verantwortung… bisher war ich diesen Awards gegenüber immer etwas skeptisch, weil sie nach so viel Arbeit aussehen. Und Bloggen nehme ich lieber nicht als Arbeit wahr. Aber 🙂 ich nehme die Herausforderung an! Allerdings muß ich um etwas Geduld bitten. Hab grad ziemlich viel um die Ohren, daher kann es möglicherweise etwas dauern, bis ich die Ruhe dafür finde.
      Bunte Herbstgrüße in die Berge! 🙂
      dagehtwas

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