„Zwei Mal sieb´n Liter“

„Ah, seid´s ihr scho wieda im Lande! Ihr seid´s doch grad erst weg, oda ned? Wahnsinn, wia die Zeit vergeht“, begrüßte uns die Bäuerin im Dorf herzlich.
„Und? Was gibt´s Neues im Dorf?“
„Ah, nix“, grinste sie, „alles wie imma.“
„Gregnet hat´s wohl. Unsere Regentonne ist ganz voll und das Gras in unserem Garten ist ganz frisch nachgwachsn.“
„Ah, echt jetzt? Ja, zwei Mal sieb´n Liter hat´s grengt. Aba des is ja nix, nach dem Somma.“

In Gedanken kippe ich sieben Liter Wasser auf eine 1m x 1m abgesteckte Fläche, warte bis es in den steinharten Lehmboden einsickert, und gieße nochmal sieben Liter hinterher. Nach viel sieht das wirklich nicht aus.

„Aba d´ Sonn scheint jetzt ja nimma so kräftig. Des merkst scho.“

Immerhin hat es gereicht, dass die braune Trockensavanne in unserem Garten frisch und saftig ergrünt ist. Vor unserer Abreise sah es so tot aus, das Gras. Erstaunlich, wo es dann plötzlich wieder herkommt!

Überhaupt fühlen wir uns wie hergezaubert: Frisches grünes Gras, richtige Bäume, letzte Sommertage, herrlich warm! Kurze Hose, T-Shirt. Es duftet nach Gras, Erde und Wald, und es gibt unglaublich viel zu hören: Insektensummen, Vogelflattern und Gezwitscher, Hähne krähen, Blätter rascheln im Wind, ein Apfel plumpst auf die Erde, Pflanzen knistern und das Haus knarxt… Wir hören sogar im Nachbarort Hunde bellen, die uns sonst nicht auffallen.

Alles ganz anders als da, wo wir in den letzten Wochen waren, im Hochland Islands, zwischen Lavagestein und Gletschergeschiebe unten und dem Himmel oben. Mit Mütze und vier Schichten Klamotten. Nur der Wind macht dort Geräusche, wenn er über die fast lebewesenleere Landschaft saust, und das Wasser, wenn es vom Himmel fällt oder sich seinen Weg über das Gestein sucht.

Toll, so ein Tapetenwechsel. Reißt einen raus aus den graubrodelnden Gedanken über die Weltprobleme und glättet die Sorgenfalten des Alltags. Natürlich hat sich im Außen „nix geändert“, wie die Bäuerin richtig sagte. Aber im Inneren schon. Da ist im Moment alles wie leergeräumt. Wie ein Tisch, der nach einer langen Zeit der Überladung endlich mal wieder seine klare, glatte Oberfläche zeigt. Vor allem im Gespräch mit denen, die nicht weg waren, merken wir deutlich, wie raus wir kamen. Manches relativiert sich, auf manches fällt vielleicht ein neues Licht, neue Maßstäbe setzen sich. Manches will man über Bord geworfen lassen und gewisse Änderungen sollen bleiben.

Klar, taucht man schnell wieder in allem ein und dann ist auch im Innern wieder alles beim Alten… Tatsächlich? Muss das wirklich so sein? Wenn man dieses Gefühl nicht vergisst und wie ein Kerzenflämmchen vor den Winden und Stürmen des Alltags und all der Nachrichten und Informationen schützt, dann bleibt auch was. Es lohnt sich, sich zu überlegen, was man wieder alles auf diesen Tisch stellt.

Man sollte öfters verreisen, Orte und Tapeten wechseln. Es tut gut…

… und es ist schön, dann wieder zu Hause zu sein :-)!

8 Kommentare

  1. Und wenn es nur für das Glück der Heimkehr wäre, lohnte sich das Verreisen. Doch hast du wohl recht: man kehrt auch mit verändertem Blick auf die allgemeinen Zustände wieder, vorausgesetzt man hat sich gründlich ausgeklinkt.
    Deine Beschreibung der isländischen Menschenleere und Menschenstille erfüllt mich mit Sehnsucht.
    Willkommen zurück!

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    • 🙂 Herzlich willkommen auf meinem Blog! 🙂
      Mmh, eigentlich sollte es funktionieren. Aber ich hab das Problem auch oft, wenn ich anderen Blogs folgen will. Probier´s mal direkt über den Reader in deinem wordpressaccount: Da kann man oben bei „Suchen“ den Blog eingeben und direkt unter der Suchleiste steht dann „Folge Blog XY“, wenn du da drauf klickst, müßte es funktionieren.
      🙂 Viel Erfolg! Und auf ein Wiederlesen! 🙂
      (Ich werd mich auf deinem Blog auch umsehen – aber bitte Geduld haben! Aus zeitlichen Gründen komme ich leider viel zu selten dazu, andere Blogs zu lesen :-(. )

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