Du wirst wieder gefragt!

Federgeistchen

Stell dir vor, du wirst wieder gefragt! Oder besser gesagt: Wir alle werden wieder gefragt! Anfang des Jahres stellte die EU Fragen (siehe „Du bist gefragt!“), jetzt bittet uns das Bundesumweltministerium (BMU) zur Bürgerbeteiligung zum Aktionsprogramm Insektenschutz. „Ihre Meinung ist uns wichtig!“, schreibt das BMU, und ruft dazu auf, die Maßnahmenvorschläge zum „Aktionsprogramm Insektenschutz“ zu bewerten, zu diskutieren und auch eigene Ideen zu nennen.

Hirschkäfer

Na, das lass ich mir doch nicht zweimal sagen! Ausgestattet mit einer Tasse Kaffee und einer Kanne Tee mache ich es mir gemütlich und lege los. Das graunieselige Wetter ist perfekt für so eine Aktionsbeteiligung vom Sofa aus.

Aha, erstmal anmelden, geht aber ganz einfach und schnell. Und schon kann ich zu neun verschiedenen Handlungsbereichen meine Bewertungen abgeben, dazu veröffentlichte Kommentare zustimmen oder ablehnen und wenn ich will, auch selbst Kommentare schreiben.

Die nächste halbe Stunde klicke ich mich fleißig durch die Punkte. Klick! Ich stimme zu. Klick! Gefällt mir! Ich bin beeindruckt von dem, was hier steht. Klick! Hier stimme ich auch zu. Das klingt gar nicht so schlecht. Klick! Klick! Wenn das hier nun nicht nur auf geduldiges Papier gedruckt wird, sondern tatsächlich auch ganz konkret umgesetzt wird… Klick! Die Hoffnung stirbt zuletzt. Klick! … Klick! Vor lauter lesen und klicken und wieder lesen und nochmal klicken wird mein Kaffee kalt. Gut, dass die Thermoskanne wenigstens den Tee warm hält! Klick!… Klick!

Farbklecks auf Farbklecks: Zottiger Bienenkäfer (Trichodes alvearius) frisst Löwenzahnpollen.

Besonders spannend der Punkt „2.3 Insektenschutz in Siedlungen“. Da musste ich natürlich sofort an die Gärten denken! Und zu meiner großen Freude ging es anderen auch so.

So schreibt EcoNinja von „Gärten als Trittsteine: Die Bedeutung der privaten Gärten wird im allgemeinen unterschätzt, obwohl diese einen großen Anteil der genutzten Fläche in Deutschland ausmachen. (…) [Natur-] Gärten können Trittsteine zwischen fragmentierten Habitaten sein (…).„

*scht scht* So klingt Beppo Straßenkehrers Philosophie.

Micharettet fordert gar eine Rettung der Vorgärten durch eine drastische Maßnahme: „Meiner Meinung nach müsste die Versteinung der Vorgärten mit einer Steuer belegt werden.
Ich muß schmunzeln. Und dann habe ich gleich eine weitere Idee: Meiner Meinung nach sollten Laubsauger verboten werden. Wer Laub einsaugt, saugt auch Bodenfauna ein und vernichtet diese nachhaltig. Ohne Bodenfauna werden die Kreisläufe der Erde unterbrochen; sie finden nicht mehr statt. Und da sind wir wieder beim Tatort Garten.

Von einem Obstbaum fiel es. Im Gras liegt es. In die Erde gezogen wird es. Vorher dreht es die Amsel vermutlich noch zig mal um.
Regenwurmnahrung Laub – malerisch im Morgenreif.

Auch der Kommentarschreiber Holger Auerswald hat was für Laub übrig: „Jeder wundert sich über zu wenig Humus, aber jeder räumt sofort die Blätter weg…. Irgendwas passt da nicht.“ Er plädiert außerdem für „Unordnung in Gärten„, denn „Ordnungswahn ist Insektenfeindlich: (…) Habt Mut zu den kleinen Dreckecken! Lasst auch mal ein paar Ecken mit „Unkraut“ stehen. Die Insekten brauchen es!!!
In Gedanken ergänze ich: vor allem jetzt im Winter – denn da gilt´s zu überleben.

Das „Gestrüpp“ unter´m Gebüsch bleibt auch schön stehen. Hier hielt im letzten Winter ein Igel seinen Winterschlaf. Er baute sich aus alten Grashalmen ein Nest unter den Grasbüscheln. Ich berichtete von seiner Entdeckung.

Und Perhessi findet gar, dass es für  naturnahe Gärten Fördergelder geben sollte: „Ich würde auch Dachflächenbegrünung fördern, es gibt zu viele Dachflächen die unbegrünt sind, das wäre auch für das Stadtklima sicher gut. Auch das Anlegen von Biotopen könnte man fördern. (…) Auch im Kleinen kann man etwas bewirken und es wäre schön wenn mehr Menschen das tun würden, denn das Potenzial der Gärten ist groß!“ Meine Worte, das Potential der Gärten ist riesig. Und das der Dachflächen auch. Deswegen haben wir die Dächer unseres Holzlagers, des Holzschuppens und des Carport in kleien Biotope umgewandelt. Jedes ist bewachsen auf seine Art.

Während ich die letzten zwei Schluck kalten Kaffee trinke, stelle ich mir all diese KommentarschreiberInnen in ihren Naturgarteninseln vor, verteilt über ganz Deutschland.
Dann stelle ich mir all die vielen BloggerInnen vor, die ich bisher kennenlernen durfte (und hier gar nicht alle namentlich aufzählen kann), die sich ebenfalls in ihrem kleinen Garten oder – noch kleiner – auf ihrem Balkon für mehr Natur einsetzen. Und dann gibt es ja viele, die ich gar nicht kenne, die aber auch Lebensräume schaffen…

Auf meiner inneren Deutschlandkarte tauchen überall kleine bunte lebendige Flächen auf, plopp, plopp, und hier noch und da noch, plopp plopp! Das fühlt sich großartig an! Man denkt so oft, man ist der einzige, weil man nur das unmittelbare Umfeld tagtäglich vor Augen hat.
Aber wir sind viel mehr als man denkt! 🙂
Und das wichtigste: Wir machen das Richtige!
🙂 Yeah, dagehtwas!

Hühüpf-Junior. Mit Fühlern doppelt so lang wie sein Körper gehört dieser Grashüpfer eindeutig zu den Langfühlerschrecken. Es dauert noch mehrere Häutungen, bis der Kleine hier ausgewachsen ist und musizieren kann.

Ganz euphorisch in diesen Gedanken und Gefühlen schwelgend beschließe ich: „Man soll aufhören, wenn´s am schönsten ist“ und beende meine Bürgerbeteiligung für heute.

Nun hoffe ich, dass bis zum 7. November 2018, 17 Uhr noch viele mitmachen werden! Und vor allem hoffe ich natürlich, dass das Online-Gedruckte sehr zeitnah ganz analog und real umgesetzt wird…

Machst du auch mit?
Hier der Link zur Bürgerbeteiligung „Aktionsprogramm Insektenschutz“.

20 Kommentare

  1. Danke für den Tipp – da werde ich gleich an der Befragung teilnehmen. Und nicht nur mit den Laubbläsern sprichst du mir aus der Seele. Ich verstehe nicht, weshalb man heutzutage so viel Wind um gefallenes Laub macht – auch auf Feldwegen. Heute war ich gerade im Feld unterwegs, wo es ohnehin zwischen vielen Weinbergen und Äckern nur noch wenig Versteck- und Unterschlupfmöglichkeiten für Igel oder andere Tiere gibt. Und es war teils wie leer gefegt. An den Gräben darf u.a. keinerlei Abfall abgelagert werden, sonst drohen Geldbußen bis zu 50.000 Euro. Autoreifen in den Gräben, alte Fahrräder, Flaschen, Dosen oder Behälter mit Chemikalien darin findet man regelmäßig und sie werden von den Gemeindearbeitern auch nicht entfernt. Wenn aber ein Gartenanlieger an die Igel denkt und gesichert einen kleinen Laubhaufen auf dem angrenzenden Weg ablegt, der praktisch nicht mal in den Graben geweht werden kann, wird sofort reagiert und auf das Verbot hingewiesen… Verrrückte Welt… 🙂

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    • Gerne! Freut mich, dass du mitmachst :-)!
      Ich versteh das auch nicht. Das Verständnis von Ordnung und Sauber halten ist ein sehr seltsames. Bei uns fährt jemand regelmäßig durch den Wald (!) und befreit die Waldwege (!) vom Laub. Dem muß extrem langweilig sein. Und genau wie bei dir beibt echter Müll liegen: alte, zerbröselnde Plastikplanen von Holzlagern, die Schnüre aus der Landwirtschaft, und mit dem Gartenschnitt werden Plastikblumentöpfe, Geschenkpapierschnüre und anderes ähnliches Zeug in den Wald gefahren. Das ist dann schon ok, wenn diese Sachen da herumliegen und vor sich hin zerfallen… Aber wehe, ein Graben oder Wegrand ist nicht „sauber“ (also bis in die Erde hinein) abgemäht! Oder eben Laub… Ja, extrem verrückt und irgendwie total verkehrt… 🙂

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  2. So, habs gerade noch geschafft, mitzumachen. Allerdings hat ne halbe Stunde bei mir nicht gereicht. Eher 2 bis 3 Stunden. Du bist wohl Schnell-Leserin 🙂 ? Schön, dein Beitrag. Wie immer wunderbar zu lesen, wunderschön bebildert! LG, Almuth

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    • Yeah! Du hast auch mitgemacht :-)! Dank dir! Ja, man konnte sich da ganz schön lange aufhalten, dann noch in den Kommentaren verlieren… Ich hab bei manchen Punkten schon beim Überfliegen gesehen, um was es geht, Berufskrankheit 😉
      Danke! 🙂 Freut mich, dass dir mein Beitrag gefällt!
      Übrigens hab ich heute einer Freundin von einem Balkon vorgeschwärmt, daraufhin mußte ich ihr gleich den Link zu deinem Blog schicken. 🙂
      Liebe Grüße!

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      • Das ist ja schön, grins 🙂 – Ja, in den Beiträgen bin ich ganz schön hängengeblieben, um manchmal am Ende festzustellen, daß ich oben doch kein Gefällt mir hätte anklicken sollen 😉 Ich habe das Gefühl, das Thema ist viel zu komplex für einfache Lösungen!

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      • Ohja, komplex ist es! Es gibt vieles, dem man auch gerecht werden muss. Andererseits gibt es einiges, was sehr einfach umzusetzen wäre, und schon große Wirkung zeigen würde. Ganz spontan fallen mir da ein: nicht alles ständige ratzekurz abmähen, keine Laubsauger, Laub liegen lassen für Bodenfauna und Humusbildung (was übrigens auch zur CO2-Bindung beiträgt, Stichwort Klimawandel). 🙂
        Das schwierigste sind meiner Meinung nach die Schranken in unseren Köpfen. Kreativität, Mut und einfach mal anders als gewohnt (v. a. einen anderen Ordnungssinn), das wäre eine gute Basís. 🙂

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