Wer bist du denn?

„Hey, schau mal! Da ist was für dich!“ rief mein Mann durch den Garten. Er entfernte gerade die Schalungsbretter des Fundaments für unser zukünftiges Gewächshaus. „Voll die riesige Raupe! Die hat jetzt echt Glück gehabt, fast hätte ich sie eingequetscht!“

Dieser Raupenhabitus ist typisch für die Schmetterlingsfamilie der Schwärmer, daher wußte ich gleich, in welcher Richtung ich suchen muß: diese Größe, so dick, dann dieser dicke „Kopf“, der eigentlich v. a. der Brustbereich ist, wie man an der Lage der sechs Beine erkennen kann, dann der Dorn am Körperende der Dorn. Und irgendwas auffälliges haben sie eigentlich auch alle. Diese hier hat vier Augenflecken.

Hui, und was für eine riesige Raupe! Kleinfingerdick und -lang, braun, vier „Augen“. Die hab ich doch schon mal gesehen… aber wenn man diese Tierchen immer nur alle Schießjahre mal sieht, vergisst man leider dann doch immer wieder ihre Namen.

Also Gartenarbeit samt Gartengeräten links liegen lassen, Raupe auf ein Blatt, Blatt in eine Schüssel, mit Schüssel und meinem Kosmos-Schmetterlingsführer* auf die Couch, Rechner für die Kontrollsuche mit der Baumpflanzenden Suchmaschine Ecosia* aufgeklappt und los geht´s.

Ergebnis:
Mittlerer Weinschwärmer, Deilephila elpenor.
Familie der Schwärmer, Sphingidae.

Die Bestimmung ist nicht so einfach, denn die Raupe gibt es in Grün und in Braun. Und das Braun der im Buch abgebildeten Raupe ist bei weitem nicht so dunkel wie das der Raupe auf dem Blatt in meiner Schüssel. Grüne Raupen können vor der Verpuppung auch Braun werden, lese ich. Ganz schöne Farbverwirrung.

Gar nicht so leicht, sie mal komplett zu fotografieren und dabei auch noch halbwegs scharf zu bekommen, wenn sie sich immer s-förmig ausrichtet.

Aber die beiden Augenflecken, das kurze spitze Horn am Körperende und das Verhalten der Raupe, den Kopf gaaaaanz laaaaang und schmal ausfahren zu können, ließen mich dann doch immer wieder beim Mittleren Weinschwärmer landen.

Hier vorne sind die sechs Insektenbeine – auch Raupen haben nur sechs echte Beine – und der eingezogene, für die Dicke der Raupe echt kleine Kopf. Man sieht an den „Nackenwülsten“, dass sie den sehr lange ausstrecken kann. Das sieht dann wirklich seltsam aus! Dicke fette Raupe mit seeehr langem dünnen „Hals“ und einem Mini-Kopf!

Vielleicht hat sie der Starkregen von den Nachtkerzen gespült, die zur Zeit am Rand des Gemüsebeets wachsen, über das derzeit ein Gewächshaus gebaut wird. Vielleicht war sie aber auch auf dem Weg zur Verpuppung. Die erfolgt nämlich am Erdboden in einem lockeren Gespinst unter Blattresten. Da haben wir es wieder: Laub ist überlebenswichtig und aufgeräumte Beete sind Mist!

Hier der spitze, an der Spitze weiß gefärbte Dorn am Hinterende der Raupe. Beim Kleinen Weinschwärmer, dessen Raupe sehr ähnlich aussieht, ist dieser Dorn nur ein kleiner Höcker.

Die Raupe frisst Nachtkerzen, Blutweiderich (wachsen beide bei uns im Garten), Schmalblättriges Weidenröschen, Fuchsie und Indisches Springkraut (da schau an, ist dieses Wuchergewächs auch zu was nütze 😉 ).

Der Falter ist erst in der Dämmerung aktiv, selten zu sehen. Den würde ich aber gerne mal sehen, er sieht echt toll aus! Grün und rosa-lila, ein Foto findet ihr hier, auf der Seite schmetterling-raupe.de, in der linken Spalte unter den Top 20 ist er als vorletzter aufgelistet (Stand: 13.08.2019).

Damit wir die Raupe beim weiteren Bau des Gewächshauses nicht doch noch erwischen, bekommt sie jetzt ein neues Zuhause, auf einer anderen Nachtkerze. Leider hab ich sie dort am nächsten Tag nicht mehr entdeckt, um sie bei besserem Licht in ihrer natürlichen Umgebung zu fotografieren. Aber ich hoffe, es geht ihr gut. Vielleicht „wandert sie ja noch eine Weile auf dem Erdboden umher“, wie es im Kosmos-Schmetterlingsführer* beschrieben ist, auf der Suche nach einem guten Ort für die Verpuppung.

Dann mal gute Ruhe bis zum nächsten Jahr!

Obwohl Nachtkerzen bei uns ursprünglich nicht heimsch sind, bieten sie vielen heimischen Nachtfaltern Nektar und den Raupen vom Mittleren Weinschwärmer und Nachtkerzenschwärmer Lebensraum. Anscheinend finden aber auch tagaktive Insekten an den langsam verwelkenden Blüten Pollen oder Nektar oder beides (?). Ich habe jedenfalls dort schon öfters Bienen, Hummeln und Schwebfliegen beobachtet. Und die Samen? Blaumeisen picken sie aus den Samenständen raus.

 


Wie die Nachtkerze als „Rätselhafte Rosettenpflanze“ in unserem Garten auftauchte, kannst du hier (Teil 1) und hier (Teil 2) nachlesen.

 

* Nein, ich bekomme kein Geld dafür, dass ich hier den Kosmos-Schmetterlingsführer, die Ecosia-Suchmaschine und die Seite schmetterling-raupe.de erwähne. Ich erwähne sie einfach, weil sie gut sind, und weil ich sie für die Recherche dieses Artikels genutzt habe. Quellenangabe sozusagen.

29 Kommentare

  1. Meine zuvor uneingeschränkte Sympathie für Raupen hatte leider zwischenzeitlich einen Knacks bekommen: Raupen des Weidenbohrers haben meine Salweide so von innen zerfressen, dass sie gefällt werden musste. „schnief“… 😦
    Aber ich versuche, mich wieder mit den Nimmersatts zu versöhnen – der schöne Beitrag hier hilft dabei. 🙂

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    • Oh NEIN!!!!! Das ist ja wirklich sehr traurig! Poff… ich schniefe mit dir! Wir haben hier auch eine wunderschöne Trauerweide stehen, darf da gar nicht dran denken… oh, ich verstehe dich sehr gut!
      Wie schön, dass du dich trotzdem wieder mit ihnen versuchst auszusöhnen 🙂 und es freut mich, dass ich dir dabei helfen kann! Zum Glück lösen ja nicht alle gleich so ein „Erdbeben“ aus.
      Habt ihr vor, einen neuen Baum zu pflanzen? Oder was macht ihr nun mit dem unfreiwillig freigewordenen Platz?

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      • Dort wächst nun eine kleine Hecke, bestehend aus Schlehe, Weißdorn, Kornelkirsche und einer Erle. Und nun ist die Salweide doch wieder ausgetrieben und natürlich darf sie auch wieder wachsen als Heckenmitglied.
        Im Garten wohnen noch eine junge Silberweide und eine ganz junge Bruchweide. Die Stämme kontrolliere ich regelmäßig – aber letztlich kann man ja nichts machen, wenn der Weidenbohrer Einzug gehalten hat… 😦

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      • Das klingt ja hübsch! Da sind bei dir bestimmt viele Vögel unterwegs! Ja, Weiden sind ein Wunder, was das Neuaustreiben anbelangt! (und nicht nur Weiden, wie wir die Erfahrung machen). Da eure Weide ja auf ein großes, altes Wurzelwerk zurückgreifen kann, bildet sie bestimmt ziemlich schnell wieder eine Menge Äste aus!
        Ne, letzten Endes kann man nicht viel machen, außer die Äste entfernen, in denen die Raupen sitzen, aber die muß man erstmal finden. Und dann kommt es auf´s Gleiche hinaus: Die Weide verliert ihre Krone, ob die Raupen fressen oder wir absägen… 😦

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      • Ich habe beim Weidenbohrer erst sehr spät bemerkt, was los war. Mich über die Löcher im Stamm gewundert, mich gefragt, wer da wohl wohnt. Aber selbst wenn ich es früher begriffen hätte – ich hätte ja nichts tun können. Der ganze Stamm war schließlich von innen zerfressen – ein trauriger Anblick… Aber nun wächst Neues, an dem ich viel Freude habe.
        Viele Vögel… ja und nein… Zwar wurde mein Garten mal als „Arche Noah“ bezeichnet,aber auch hier werden die Bewohner weniger… Ein kleiner Garten (750 qm Grundstück nur) kann nicht auffangen, was in einer ringsum „ausgeräumten“ Landschaft verloren geht…

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      • Mmh, stimmt. Ein Garten allein als „Arche Noah“ reicht nicht… Vielleicht kann das Bundesland, in dem du lebst (?) auch ein Volksbegehren Artenvielfalt „Rettet die Bienen“ anstoßen, wie in Bayern und Baden-Württemberg? Damit ist zwar erstmal gar nichts gerettet, aber immerhin muß sich die Politik dann endlich mal intensiver mit Artenschutz auseinandersetzen als bisher, ob sie will oder nicht.
        Und dann gibt es was, was man deutlicher einfordern kann. Ich bin mal gespannt, was in Bayern in dieser Richtung weiter passieren wird… das ist das Bundesland, in dem ich lebe 😉 Es gibt immerhin mal wieder ein bißchen Hoffnung in all der Hoffnungslosigkeit. Und plötzlich ist man nicht mehr ganz so die „Artenschutzspinnerin“.
        🙂

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      • Umso wichtiger wäre dann ja vielleicht ein Volksbegehren. Ich bin mir sicher, du bist nicht die einzige, die das schlimm findet :-)! Eigentlich müßten das ja die Naturschutzverbände anzetteln. Vielleicht tun´s sie´s ja schon?

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    • Danke 🙂 für deine lieben Worte! Ich muß mich endlich auch mal wieder auf deinem Blog – und auf so manchem anderen Blog auch – umsehen. Hab das die letzten Monate sträflich vernachlässigt, aber man schafft halt nicht immer alles, was man gerne machen würde :-/

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  2. Das ist ja ein „dickes Ding“ 🙂 Wow, was für eine tolle Raupe! Den Falter kenne ich bislang nur von Abbildungen aus Büchern. Da habe ich jedes Mal gestaunt, was es für farbenprächtige Nachtfalter hier gibt. Krass schön, möchte ich sagen 🙂 Toll. Hoffentlich kannst du dann später den Falter mal sichten. Die Achateule kenne ich immer noch nicht persönlich, seufz! Kürzlich dachte ich, daß sich eine Nachtkerze hier ausgesät hat, aber es ist wohl eine Knautie, auch schön! Nachtkerze fände ich trotzdem toll. LG und viel Spaß noch im Garten!

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    • Stimmt, bei uns gibt es crass schöne Nachtfalter! Nur ist es leider sehr schwer, sie zu entdecken. Nachtkerze? Ich kann dir Samen per Post schicken. Bei uns wachsen mittlerweile so viele (und samen so ordentlich aus), dass ich die Samen einsammeln muß, damit nicht ratzifatzi überall nur noch Nachtkerzen wachsen. Das tolle daran ist, dass ich so kleine Blumengeschenke habe 😉 hübsch eingetütet und beschriftet, ist das ein nettes Mitbringsel oder kleine Geburtstagsaufmerksamkeit im Breifumschlag.

      Willste Nachtkerzenpost? 🙂 ernst gemeint!

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      • Das hört sich ja nett an 🙂 Im Prinzip würde ich sagen, gerne. Allerdings wachsen hier in der Nähe auch welche wild. Falls ich den Zeitpunkt des einsammelns verpasse, kann ich mich ja melden 🙂

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      • Werde ich tun. Ich habe hier übrigens eine Stelle mit Natternkopfpflanzen gefunden, ich glaube, es ist welcher, dessen Blüten sind fast violett. So wie diese dunkellila Usambaraveilchen, die es früher immer gab. Eine irre Farbe. Dachte schon, es ist was anderes, aber ich bin fast sicher 😉

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      • Ja, habe ich tatsächlich und ich wollte eigentlich auch drüber berichten. Bei Puzzle las ich mal davon, daß Ameisen Borretsch im Garten verteilen. Ich wunderte mich schon immer, wo der überall auftaucht bei mir. Dieses Jahr konnte ich es tatsächlich beobachten, wie sie an den Körnern zerrten. Bei der Ringelblumensaat versuchten sie es auch, aber das Ding konnten sie doch nicht wuppen 😉 Ich las kürzlich, daß einige Saaten so einen fettreichen Anhang haben und die Sorten schleppen sie gern in den Bau. Gibt doch sogar ein Wort für die Verbreitung durch Ameisen, ach ja, Myrmekochorie. Vielleicht ist das fettige Zeug an der Saat auch dafür verantwortlich, daß letztes Jahr die Wespen mit der Borretschsaat weggeflogen sind?? Darauf konnte ich keine Antwort finden. Ob die Ameisen auf Natternkopf stehen, weiß ich allerdings nicht. Die Saat war weg. Kann natürlich auch die Luft gewesen sein 🙂 – Ich würde die Ameisen ja gerne los werden, aber sie finden immer wieder einen neuen Topf zum Wohnen, seufz.

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      • Myrmekochorie kenne ich, aber ich wußte nicht, dass Borretsch auch diese Verbreitungsmethode nutzt. Super spannend, oder? Kann gut sein, dass die Wespen den Anhang auch gerne fressen, warum nicht? Es gibt so vieles, was wir nicht wissen…
        hihi! Ja, die lieben Ameisen 😉 wuselwusel überall, v.a. dort, wo man sie nicht haben möchte! Schwer vorstellbar, dass Ameisen vom Insektensterben mit am stärksten betroffen sein sollen, oder?

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      • Ich wußte zwar, daß welche betroffen sind, aber daß sie am stärksten betroffen sind, wußte ich wiederum nicht. Die typischen Gartenameisen sicherlich weniger? Ich setze immer welche aus (Keine Ahnung, ob die das abkönnen?), wenn ich einen Topf mit Bewohnern finde, auch schon mit Königin, aber es gibt immer noch welche 🙂

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