Kennst du das? Man sucht etwas, und findet etwas ganz anderes. So ging es mir die Tage. Ich suchte etwas, und fand Fotos vom „Altweibersommer“, der Anfang September in unseren Garten einkehrte.
Altweibersommer – ist das nicht ein tolles Wort? Als Kind hat es meine Fantasie nur so beflügelt! Ich stellte mir lauter winzige runzlige Omas vor, in wollenen Röcken, Filzpantoffeln, schwarzen Stiefeln, Strickjacken und bunten Omakopftüchern oder dicken Dutts, die in der Nacht über die Wiesen und Felder spazierten. Kichernd und quasselnd kletterten sie die Grashalme hoch und hängten überall ihre weißen Netze aus. Mit ihnen wollten sie vor dem Winter nochmal ordentlich Beute machen, um Vorräte anlegen zu können…
Irgendwann erzählte man mir zwar, dass das alles Spinnennetze seien. Aber warum wählte man dann so ein geschichtenversprechendes Wort wie „Altweibersommer“? Das leuchtete mir nicht so ganz ein. Und außerdem fand ich die andere Vorstellung viel spannender. Also machte ich kurzerhand die Spinnen zu alten Omis und spann mir meine Bildergeschichten darum herum wie die Spinnen ihre Netze.
Die frühen Morgenstunden des Altweibersommers liebe ich noch immer. Genauso wie meine Kindervorstellungen rund um das Wort „Altweibersommer“. Man muss ja nicht immer alles so ernst nehmen, oder? Und werden die Spinnen da nicht gleich ein bisschen liebenswürdiger? 😉
Spinnen bauen mit ihrer Spinnseide übrigens nicht nur die allseits bekannten Radnetze zum Beutefangen. Abgesehen von verschiedenen Netztypen wie Trichter- und Baldachinnetzen, bauen sie sich daraus auch Schlupfwinkel oder wickeln ihre Eier in Kokons ein. Und um sich über eine Krabbeldistanz hinaus fortbewegen zu können, nutzen sie lange Fäden zum Fliegen. Ja, Spinnen können fliegen, obwohl sie keine Flügel haben. Sie spinnen sich einen langen Faden, hängen den in den Wind und HUI! geht es mit dem Wind hoch in die Luft! Wirklich gut steuerbar ist das natürlich nicht, sondern eher eine Reise ins Unbekannte. Spinnen sind halt noch echte Abenteurer ;-). So manche Spinne schafft es mit Hilfe ihres Flugfadens sogar über den Pazifik oder verschlägt es auf ferne Inseln. Vielleicht erobert sie sogar Neuland für ihre Art?
Wie am Boden sind Spinnen auch oben in der Luft nicht vor Vögeln sicher. Als Teil des Luftplanktons stehen sie nun auf dem Speiseplan von Mauerseglern und Schwalben.
Eine Spinne möchte ich an dieser mit Namen nennen. Ihre Lebensweise an sich liefert schon genug Erzählstoff, aber sie lädt zusätzlich geradezu ein, eine ganze Serie an Geschichten zu spinnen! Argyroneta aquatica, die einzige, unter Wasser lebende Spinne, und auch bei uns heimisch. Ganz wie in einem Märchen baut sie sich aus Luftblasen zwischen Wasserpflanzen ein trockenes Zuhause, also sozusagen ein kleines Luftschloss in einer Unterwasserwelt, und darin sitzt Argyroneta… *
Leider steht die kleine Wasserspinne auf der Roten Liste unter „stark gefährdet“. Saubere, kühle, sauerstoffreiche Gewässer sind eben mittlerweile Mangelware.
Wäre es nicht ein Jammer, wenn so ein spannendes Lebewesen der Welt tatsächlich verloren ginge? … genauso wie der geschichtenumwobene Altweibersommer…
P.S.: Wasserspinne in Aktion gewünscht? Auf dem bekannten online-Filmchenkanal findest du unter den Stichwörtern „Wasserspinne“ oder „Argyroneta aquatica“ zahlreiche Filme über sie.
Süß, deine Altweibervorstellung. Hihi, alte Ommas die ihre Netze aufhängen. Die Vorstellung finde ich auch sehr schön 🙂 Superschöne Fotos und interessante Infos zur eleganten Frau Wasserspinne. Ich finde auch, sie sollte bleiben und unsere Gewässer bereichern !
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Freut mich, dass dir die Oma-Vorstellung auch gefällt 😉
Danke! und gerne! 🙂
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Sehr 🙂
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Ich bin ganz in Harmonie mit Deiner kindlichen Version vom Altweibersommer. 🙂
Herzlichten Dank für Dein feines Textgewebe und die märchenhaften Spinnwebluftschlösser.
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Oh, danke! Welch fein gewebtes Lob 🙂
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Ein schöner und poetischer Beitrag, der meine Sympathie für Spinnen stärkt (sie hat’s nötig 😐).
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Wirklich? sehr schön! 🙂 ein besseres Lob gibt es ja kaum 😉 Freut mich und danke!
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