Was war das für ein herrlich warmer Frühlingstag! Völlig übermütig kramte ich Schubkarre und Gartenscheren aus dem Schuppen und machte mich über das Kräuterbeet her. Jetzt soll dort der Frühling einkehren! Dem Salbei zwickte ich die erfrorenen Zweige ab. Ein kleiner Thymian hat den Frost leider nicht überlebt. Die abgestorbenen Stängel der Minzen, des Dosts und der Kronwicke wanderten jetzt – schnippschnapp ab – auf den Kompost.

Während der feuchten Herbstmonate hat sich schön Moos ausgebreitet. Darunter spitzen, gut geschützt, junge Triebe aus der Erde. Wie ich warten sie nur auf die warmen Tage! An einer Stelle unter dem Moos, wölbte sich ein kleiner Hügel. Wie dieser kleine Grabowsky* es nur schafft, sich mit seinen kleinen rosa Schaufeln und seiner kleinen rosa Nase durch den gefrorenen Boden zu wühlen! Dachte ich noch so bei mir, und dann plötzlich – HUAH! – der Maulwurfshügel atmet und ist stachelig! Der nächste Gedanke: Wie cool ist das denn! Déja vue**, ein Igel :-)! Überwintert doch glatt im Kräuterbeet, keine fünf Meter von unserer Haustüre entfernt!

Ich glaub´s ja nicht! Und fühle mich geehrt. Wie sicher muss sich der Igel fühlen, dass er sich dort zurückzieht, wo wir so viel herumkruschteln und Holzarbeitenlärm machen und wo so viel Hin und Her stattfindet wie sonst nirgends auf unserem Grundstück. Und das nur von einer dünnen Moosschicht bedeckt. Wow, bei den Minusgraden hat er hier überlebt, während wir uns schlotternd vor den Ofen verkriechen. Ehrfürchtig deckte ich den kleinen Überlebenskünstler wieder zu, und hoffe nun, dass ich ihn nicht zu sehr gestört habe, und er es gut in den Frühling schafft…

Wiedermal war es einfach das Nichts tun, das Sein lassen; der höheren Lebensordnung der Natur den Vorrang geben vor der optischen Ordnung. Und schon entsteht Raum zum Leben – Lebensraum.
Kleiner Exkurs
Winterschlaf – mehr als nur ein sehr tiefer Schlaf
Winterschlaf ist nicht einfach nur ein sehr tiefer und sehr langer Schlaf, wie der Begriff „Schlaf“ vermuten lassen könnte. Fällt ein Tier in den Winterschlaf, fährt der Körper quasi in den Standby-Modus. Beim Igel sieht das so aus:
- Absenkung der Körpertemperatur von ca. 34°C (normale Körpertemperatur des Igels) auf 0,2 bis 5°C. Der Körper erstarrt.
- Reduktion des Energieumsatzes auf ein Hundertstel des Energieumsatzes im Sommer.
- Als Folge dessen: Reduktion der Atmung; der Sauerstoffbedarf ist in dem Zustand nicht sehr hoch. Eine Messung bei Igeln ergab: etwa 1 h (!) lang kein einziger Atemzug, dann eine Atemperiode von weniger als 5 min, dann wieder eine fast einstündige Atempause usw.
- Reduktion des Herzschlags: von etwa 150 Schlägen pro min (Wachzustand Igel) auf zwei Schläge pro min. Während des Winterschlafs schlägt das kleine Igelherz also nur alle 30 sec!
- Um nicht zu erfrieren, muss der Körper trotz all dieser Reduktionen die Körpertemperatur regeln. Denn fällt diese unter einen bestimmten Wert, erfriert das Tier. Diese Heizenergie stammt aus dem Fettvorrat, den sich die Tiere vor Eintritt in den Winterschlaf angefressen haben müssen.
Mit das spannendste finde ich: Trotz Winterschlaf muss das Tier auch normal schlafen! Da der Körper das im Standbymodus aber nicht kann, muss er extra deswegen regelmäßig auf Normalbetrieb hochfahren. Je nach Tierart passiert das alle paar Tage oder wenige Wochen. Das kostet natürlich jedes Mal gut Energie. Aber Schlaf ist eben so lebensnotwendig, dass das Tier das investieren muss. Nach ein paar Stunden normalen Schlaf fährt der Körper wieder in den Standbymodus zurück.
Während des Winterschlafs sind Augen und Ohren unempfindlich, die Tiere sind also blind und taub. Deswegen hat es dem kleinen stachligen Winterschläfer auch nichts ausgemacht, dass in den letzten Wochen mehrmals nur wenige Meter neben ihm die Brennholzwippsäge kreischte, die Axt krachend auf Holz einschlug und die geteilten Holzscheite scheppernd auf das Pflaster fielen.
* Maulwurf und Spitzmaus, beide mit dem Igel verwandt (alle Insektenfresser), machen keinen Winterschlaf. Sie suchen auch bei Frost und Schnee nach Nahrung. Ich weiß nicht, was ich erstaunlicher finde: Dass es der kleine Körper einer Spitzmaus schafft, bei den eisigen Temperaturen nachts herumzulaufen und genügend Nahrung zu finden. Oder wie es der Igel schafft, unter einer dünnen Moosdecke verborgen unbeweglich den Temperaturen zu trotzen.
** Letztes Jahr entdeckte ich auch einen winterschlafenden Igel, unter einem Büschel Altgras.

Auch mein Kräuterbeet sieht noch so trostlos aus. Nur Nachbars Katze kann ihm etwas abgewinnen auf der Suche nach einem, im wahrsten Sinne des Wortes, „stillen Ort“. Da wäre mir Dein Igel 1000x lieber.
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Oh! Als „stilles Örtchen“, das ist ja ärgerlich! Vielleicht kannst du es Nachbars Katze ja mit stacheligen Pflanzen ein bißchen ungemütlich machen 😉 so ein paar pieksige Disteln zum Beispiel:-O die sehen außerdem hübsch aus und sind Schmetterlingsmagnete!
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Die Rosen müssen geschnitten werden…..
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hihi!
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Was für ein wunderschönes Erlebnis und ein ganz toller Beitrag. Vielen Dank für die Infos zu Igel Maulwurf und Spitzmaus. Wirklich erstaunlich, wie das funktioniert (und ich weiß immer noch nicht, wie der Maulwurf bei Frost durch den Boden gekommen ist?!)!!! Und wie toll, daß sich der Igel in deinem Garten so wohl fühlt und so nah am Hause überwintert. Das ist wirklich ein dickes Kompliment für dich und eine schöne Bestätigung für dein naturnahes Gärtnern! Ich stelle auch gerade fest, daß mein nicht so ordentlicher Balkon Schutz bietet. Ein Amselmann hat sich vorhin unter eine Getrankekiste zurückgezogen. Ich weiß nicht, ob er angeschlagen ist oder sonstige Absichten hat. Immerhin hat er einen Ruheplatz gefunden. So wie das lädierte Rotkehlchen. Auf die Unordnung im Garten und auf dem Balkon 🙂
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Danke, Almuth! und gerne 🙂
Ich weiß es auch nicht, aber irgendwie schafft der Maulwurf das. Vielleicht nutzt er auch seine alten Gänge und der Aushub ist nur das, was er in diese hineingebröselt ist?
Jawohl! Auf die höhere Ordnung der Natur! 🙂
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Ich hatte ja kürzlich ein Foto hier. Das waren Riesen!haufen, die er an den Frosttagen rausgeschaufelt hat. Unglaublich!! Vielleicht hat er umgebaut 😉
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Hihi! Frühjahrsputz 😉
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Lach, wahrscheinlich 🙂
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Das ist eine schöne Geschichte…
Meine Tochter hat mal beim Kartoffelklauben eine Kartoffel greifen wollen, da bewegte die sich plötzlich…. es war eine Erdkröte…
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Danke 🙂
Huch! Da hat sie sicher auch eine ordentlichen Schreck bekommen! Das fühlt sich bestimmt komisch an, so eine weiche und bewegliche „Kartoffel“… :-O
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Das war ja wirklich eine schöne Überraschung im Kräuterbeet :-). Mein Kräuterbeet befindet sich noch im Winterschlaf, auch wenn unter Laub usw. die Pflanzen auch schon in den Startlöchern stehen. Aber sobald der aktuelle Dauerfrost vorbei ist, werde ich dort auch „aufräumen“müsssen… LG Birthe 🙂
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Na, wer weiß, ob du nicht auch noch einen Igel entdeckst 😉
Mal Aufräumen nach den langen Wintermonaten und das Beet für den Frühling vorbereiten, dagegen ist ja auch wirklich nichts zu sagen!
Oh, der Frost! Dass sich der bald in den „Frühlings- und Sommerschlaf“ begibt, das wünscht sich mittlerweile wohl jeder!
Liebe Grüße zurück 🙂
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Ja, es wird -trotz Schnee – doch Zeit, den „Frühlingsputz“ vorzunehmen. Im Nutzgarten habe ich schon ganz gut vorgearbeitet, aber in Kräuterbeet und BLumenbeeten sieht es noch recht winterlich aus, zumindest auf den ersten Blick… Darunter wartet der Frühling, der sich aber dank Frost noch nicht so recht traut … :-). LG Birthe 🙂
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Ja, stimmt, eigentlich können wir froh sein über den stetigen Frost. Sonst erfriert wieder alles, wenn es zwischendurch schon so frühlingshaft warm ist. Und was ich auf keinen Fall will, ist, dass dieses Jahr wieder die Obstblüte erfriert! :-O
Ohja, der Frühling steht echt in den Startlöchern. Ich mag es, beim „Frühlingsputz“ all das Sprießen zu entdecken! Da steigt die Vorfreude noch 🙂
In diesem Sinne wünsch ich dir viel Frühlings(vor)freude beim „Frühlingsputz“ :-)!
Liebe Grüße
Sabine
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Mein Kräuterbeet ist noch gar nicht zu sehen, weil noch Schnee drauf liegt. Aber der kleine Igel ist ja allerliebst. 🙂 Viele Grüße, Petra
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Ohje, noch Schnee? Wo wohnst du denn?
Wobei es hier gestern Nachmittag auch wieder geschneit hat, bis in den Abend hinein. Hier ist also auch wieder alles von einer dünnen Schneeschicht bedeckt, inklusive Igel. Viele Grüße 🙂 Sabine
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Ich wohne im Sauerland in Winterberg. Hier dauert alles immer etwas länger 😉
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Ach ne, in Winterberg? Auf dem Blog Linsenfutter hab ich grad die Tage ein paar sehr winterliche Fotos von Winterberg bewundert und dacht mir noch: Was für ein passender Ortsname!
Ist ja ein witziger Zufall 🙂 dass du jetzt schreibst, du wohnst dort. 🙂
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Ja, so klein ist die Welt 😉
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