Erwischt! Der Zaunkönig und sein Paradies

Eigentlich sind jetzt eindeutig Frühlingsthemen dran, aber weil ich immer noch so begeistert bin, muss ich einfach über dieses kleine Ereignis berichten. Mitte Februar ist mir nämlich endlich etwas geglückt, was ich bis dahin jahrelang vergeblich versucht habe: Ich hab IHN erwischt!

Wie cool, da ist er! Ich dachte schon, er ist auch heute wieder auf „bis morgen wieder“ unter der Terrasse verschwunden.

Die Rede ist vom Zaunkönig, Troglodytes troglodytes, der unverwechselbar winzigen, braunen Federkugel, aus der hinten vorwitzig das Schwanzgefieder in die Höhe ragt, mit einer enorm lauten Stimme, die seine Winzigkeit durchaus ausgleicht. Immer wirkt er so, als wäre er ganz wichtig beschäftigt! „König“ ist schon ein ziemlich treffender Name für ihn.

Hui! Gleich noch ein Foto! Die typische „In die Höh´“-Haltung der Schwanzfedern ist gut zu erkennen.

Vor allem während der Wintermonate ist er bei uns im Garten gut zu beobachten. Was nicht bedeutet, dass er im Sommer nicht da ist. Als „äußerst behender und regsamer Bursche“, wie es in einem alten Biologiebuch* heißt, „huscht er mäuseartig durch´s Gebüsch“ **. Treffender könnte man ihn nicht beschreiben: Zaunkönig, das „Mäuschen“ unter den Singvögeln. Er verlässt nur ungern seine Deckung, meidet weite, offene Flächen, unternimmt nur kurze Flatterflüge und zeigt sich selten irgendwo offen sitzend.

Oh, jetzt fühlt er sich doch beobachtet… ganz still halten, Luft anhalten… hoffen, dass die Scheibe zu sehr spiegelt…

Eine befreundete Hobbyornithologin sagt immer: „Wer den Zaunkönig im Garten hat, hat alles richtig gemacht!“ Wenn man so will, ist der Zaunkönig also die Medaille für einen Naturgarten, ein „Lob der Natur“.

… Zack! da hat er was zu fressen entdeckt. Das war dann wohl doch wichtiger als ich… 🙂 Glück gehabt.

Viel braucht es eigentlich nicht, um ihm im Garten einen guten Lebensraum zu bieten. Genauergesagt nur wenig. Denn wieder mal gilt die goldene Naturgartenregel: Einfach weniger machen ist mehr für die Artenvielfalt!

Seine wintertägliche Route durch unseren Garten ist fast immer die gleiche. Begleite ihn, und schon hast du ein ziemlich gutes Rezept, wie du deinen Garten Zaunkönig-fit machen kannst! Wobei davon ja nicht nur der Zaunkönig profitieren wird. Er ist lediglich die „Flaggschiffart“ ***.

Die tägliche Zaunkönigfuttersuchroute

Woher er immer kommt, weiß ich nicht, aber plötzlich ist er da und durchsucht akribisch den kleinen Salbeibusch.
Dann huscht er durch die Stauden, die den Winter über stehen bleiben, zum Haus.
Kruschtelt sich durch das Laub, das der Wind ans Haus geweht hat.

Sonne bescheint Holz, Holz gibt Wärme ab. Außerdem regnet es – wenn es mal regnet – hier kaum hin. Das Laub bleibt also trocken, der ideale Überwinterungsort für Spinnen. Und damit das ideale Jagdrevier für Zaunköig und Spitzmaus, die ich hier auch schon mehrmals entlang rennen sah. Keine Angst vor Spitzmäusen! Sie gehen NICHT ins Haus, sie sind KEINE Nahrungskonkurrenz, sie jagen Insekten, Spinnen, Asseln und Schnecken.
Vom Winde verweht… eine Kruschtelecke par excellence! Es reicht völlig, wenn man hier im Frühling alles rausnimmt. Vorher ist es ohnehin vergebliche Liebesmüh, denn nach dem nächsten Wind oder Sturm sieht es wieder so aus.

Sucht die  Ritzen der kleinen Trockenmauer ab.
Schwups! verschwindet unter der Terrasse, taucht – raschelraschel – nach einer Weile auf der anderen Seite wieder auf, hüpft ein bisschen auf der Terrasse herum.

Die Spinnenschnellimbissautobahn führt direkt unter die Terrasse. Im Frühling und Sommer suchen hier auch andere Vögel.
Stichwort Bodenversiegelung: Klar, ist hier kein ursprünglicher Boden mehr, aber trotzdem regnet es durch und das Wasser kann durch den Kies in den Boden versickern. Hier unter der Terrasse jagen nicht nur Spitzmäuse und Zaunkönig. Hier hat auch schon mal eine Igelin ihre Jungen auf die Welt gebracht. Mit meckernd grunzenden Schimpftiraden machte sie uns unmissverständlich klar, dass wir erstmal Terrassennutzungsverbot haben.

klickklickklick! auf der Fensterbank entlang, wo er Spinnen und überwinternde Florfliegen findet. Unter der Fensterbank wieder durch´s Laub, und… dann ist er immer genauso plötzlich verschwunden wie er aufgetaucht ist.

Diesen Winter verlängerte der Zaunkönig seine tägliche Spinnen- und Insektenjagdroute. Die Äste der Trauerweide reichen anscheinend mittlerweile weit genug ans Haus heran. Also Hüpf! in die Trauerweide, einmal durch.
Auf der anderen Seite im Slalom durch die vertrockneten Staudenstängel des Blumenbeets.

Bitte entschuldigt das Schneebild um diese Jahreszeit! Aber ich hab kein anderes Bild gefunden, das so gut das Staudenbeet in seiner Gesamtheit zeigt. Hier findet nicht nur der Zaunkönig Nahrung, sondern auch Meisen, Spatzen, Finken und Amseln. Heißt: Hier überwintert einiges! Und Samensnacks gibt es obendrein.

Hüpfhüpfhüpf kurz auf dem Zaun entlang,
ab in die Gründüngeranpflanzung des kleinen Kartoffelackers, die auch den Winter über stehen bleib. Im Slalom durch und dann
Hui! zurück auf die Terrasse und Schwups! drunter und haste nicht gesehen, war er wieder weg!

Vom Staudenbeet, ein kurzes Stück den Zaun entlang und schon landet der Zaunkönig im Gründünger Gelber Senf. Von dort zurück zur Terrasse ist es nicht weit: unten links in der Ecke ist gerade noch ein Stück von ihr zu sehen. Dieses Gründüngerbeet war übrigens auch bei den Amseln sehr beliebt. Dort müssen sich zahlreiche Insekten zur Überwinterung zurückgezogen haben.

 

🙂 großartig, oder? Und obwohl ich seine Tour so genau kenne, gelang es mir bisher nie, ihn mit der Kamera zu erwischen!

Was der Zaunkönig auf seinem Weg sucht, sind Spinnen, Insekten, Asseln und kleine Schnecken, die im Laub, Mauerritzen und zwischen vertrockneten Blättern und Stängeln verblühter Stauden überwintern (und sich dort sicher wähnen). Das Futter in Vogelhäuschen rührt er nicht an. Er sucht sein Essen in genau diesen Kruschtelstrukturen, die so dicht beieinander stehen und ineinander übergehen, dass er einfach von einem Ende zum anderen und zurück „mäuseartig“ durchhuschen kann.

Mein persönliches Ziel wäre, dass der Zaunkönig auch mal bei uns im Garten brütet. Aber vermutlich findet er im nahen Wald viel bessere und ruhigere Plätze. Oder aber er brütet längst bei uns, und wir haben´s nur noch nicht bemerkt? Schließlich sind seine Nester wie seine Lebensweise: ziemlich gut versteckt, in Bodennähe, kleinen Höhlen oder Asthaufen, kugelig gebaut aus Moos, Gras und Blättern, gepolstert mit Federn. Klingt richtig gemütlich, oder?

Noch ein letztes Bild, in typischer Zaunkönigkörperhaltung… und der nächste Hüpf ging unter die Terrasse und endgültig weg. Bis morgen!

 

Noch mehr Tipps für einen zaunkönigwürdigen und artenreichen Garten findest du im Tatort Garten.


* Das alte Biobuch ist von Dr Walter Wüst und wurde in den 50 und 60er Jahren tatsächlich im Schulunterricht (6. Klasse) eingesetzt: Tierkunde I. Band Wirbeltiere III. Teil Vögel, Kriechtiere, Lurche, Fische. 1968, 6. Auflage. Verlegt im Bayerischen Schulbuch-Verlag, München.

** Ulrich Schmid (2010): Welcher Gartenvogel ist das? 100 Arten beobachten und erkennen. Kosmos Naturführer. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart.

*** „Flaggschiffart“ ist ein Begriff aus dem Natur- und Artenschutz. Das bedeutet: Man konzentriert sich auf den Schutz einer bestimmten Art, also auf das, was diese eine Art zum Überleben braucht. Gleichzeitig sichert man dabei immer auch zahlreichen andere Arten das Überleben, da jede Art ein ganzes Artengefüge braucht, ein Ökosystem, um zu überleben. Daher profitieren von Maßnahmen für eine Flaggschiffart immer auch zahlreiche andere Arten.
Eine typische Flaggschiffart ist zum Beispiel der Orang-Utan. Er benötigt intakten, ursprünglichen artenreichen Regenwald, um zu überleben.
Oder um in heimischen Gefilden zu bleiben: der Eisvogel ist auch eine Flaggschiffart.

18 Kommentare

  1. Wie schön. Ich habe ihn sehr oft, auch aus der Nähe fotografiert und weiß was es heißt, ihn zum ersten Mal zu fotografieren. Das war bei mir auch nicht anders. Die Freude war groß. Ist übrigens noch genau so. Die Freude ist immer groß, wenn ich den kleinen, neugierigen Sänger treffe.

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  2. Sehr schöner Beitrag und Glückwunsch zu den schönen Zaunkönigfotos!! Und natürlich zum naturnahen Garten 🙂 Das muß das reinste Zaunkönigsparadies bei dir sein (kann man ja bestens sehen auf den schönen Fotos)! Das mit dem mäuseartig kann ich nur bestätigen. Als ich das erste Mal einen sah, war es im Wald. Er huschte so blitzartig umher, daß ich zunächst wirklich an eine Maus dachte. Ich finde ihn zu süß! Das mit der Kruschtelecke kenne ich vom Balkon. Was sich hier im Laufe des Jahres ansammelt, ist manchmal unglaublich. Ab und an fege ich alles zusammen. Was da an Spinnen auftaucht….unglaublich zum Zweiten 😉 Leider kommt der Zaunkönig bei mir höchstens einmal im Jahr vorbei. Aber ich glaube das Rotkehlchen sucht gerne zwischen den Töpfen nach Spinnen etc 🙂 Verhungern muß hier keiner, lach. Sonnige Grüße – ich geh jetzt auf den Balkon umräumen….

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    • Danke, Almuth!
      Genauso, wie du beschreibst, geht es mir oft, wenn wir im Wald mal einen Zaunkönig treffen. Der erste gedanke ist ganz oft: eine Maus! Übrigens geht es unserer Wölfin auch so 😉 sobald sie merkt, dass es keine Maus, sondern ein Vogel ist, wird´s uninteressant.
      Balkon im wie vielten Stock (?) ist vermutlich tatsächlich nicht so Zaunkönigrevier. Aber, hey! Die Vogelwelt auf deinem Balkon ist phänomenal! Da kann so mancher Garten nicht mithalten.
      Viel Spaß beim Umräumen! 🙂 (nun kruschtelkruschtelst du 😉 hihi!)

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  3. Er hat seinen Namen absolut verdient! Ich habe mal gelesen, er kann mit seinem Gesang den Straßenverkehr übertönen. Ich habe ihn vor einer Woche das erste Mal ganz offen und ruhig fotografiert. So habe ich ihn noch nie gesehen.

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  4. 🙂 Toll, daß Du ihn erwischt hast!!!
    Es gefällt mir natürlich gut, zu lesen, daß wer den Lütten im Garten hat, alles richtig gemacht hat – denn bei uns ist er seit langem zuhause und übrigens überhaupt nicht scheu! Im Gegenteil, oft sitzt er nur 2-3 Meter entfernt und kommt sogar neugierig näher, wenn frau stillhält. Und die Nester sind auch nicht immer sehr versteckt:
    https://fjonka.wordpress.com/2018/07/17/sssssso-sssssuess/
    Insofern: ein paar Jährchen noch, dann hat er sich sicher auch bei Euch so eingelebt, daß er nicht mehr so bangbüxig ist! Ich bin gespannt aufs erste Nist-Foto! 😉

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    • hihi! Ja, gut zu wissen, oder ;-)?
      Das ist ja toll, dass er so wenig scheu ist! Der kennt euch wohl gut 😉 Vielleicht ist er schon als Junges bei euch aufgewachsen. So eine Amsel haben wir hier. Die läßt mich bis auf einen Meter an sich ran, und hüpft dann völlig stressfrei ein Stück zur Seite. Ich hab den Verdacht, dass es das Amseljunge ist, dass letzten Sommer bei uns aufwuchs. Denn sie ist schon sehr ungewöhnlich vertraut.
      Danke für den Link! Da muß ich gleich mal reinschauen 🙂

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  5. Soooo heimlich sind die Nester garnicht immer, obwohl wir selbst dieses erst entdeckt haben, als es sogar schon bewohnt war:
    https://fjonka.wordpress.com/2018/07/17/sssssso-sssssuess/

    Bei uns ist der Lütte eh eher neugierig und wenig scheu, vielleicht braucht er bei Euch noch ein wenig Zeit!?
    Ich habe ja in den letzten zwei Jahren eine lange Totholzhecke (aus Zweigen und Gestrüpp) angelegt, die findet er super, ich kann ihn fast täglich drin beobachten 🙂

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    • Heißt der Zaunkönig bei euch Lütte? Ist ja n witziger Name!
      Ich denke, dass er bei uns im Garten tatsächlich v. a. Wintergast ist, wie andere Vogelarten auch, z. B. Kernbeißer und Distelfinken. Als Teilzieher würde das ja auch passen. Oh, das glaub ich sofort, dass er eure Totholzhecke liebt! Wie andere Tierarten sicher auch 🙂
      Wir haben auch eine. Die liegt aber räumlich so (unten am Hang in eiern Ecke des Gartens), dass man, wenn man dort beobachten will, gleich schon zu nah dran ist. Heimlich beobachten klappt da nicht. Da wäre mal ne kleine Kamera was 😉

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  6. Ein sehr schöner Post. Es hat mir Spaß gemacht, ihn zu lesen. Aber bei dem Thema musste ich den Artikel ohnehin lesen. Ich liebe Vögel im Garten, allerdings habe ich den Zaunkönig bei uns noch nicht gesehen. Dafür aber um so mehr Spatzen, die sich anscheinend bei uns niedergelassen haben. Jedenfalls sehe ich sie immer wieder in einer Hecke verschwinden und auch wieder daraus hervorfliegen.
    Naturnahe Gärten sind eben einfach viel besser.
    Ich wünsche Dir noch eine schöne Restwoche.

    Viele liebe Grüße
    Wolfgang

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    • Danke :-)!!
      Die Spatzen sind auch sehr lustige Gesellen! tschiptschip! Habt ihr ein Vogelhäuschen für die Spatzen? Sie nehmen Vogelhäuschen gerne zum Brüten an.
      Ja, stimmt! 🙂 naturnahe Gärten sind einfach besser 😉
      Grüne Grüße zurück!
      Sabine

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  7. Bei uns hat ein Zaunkönig ein sehr kunstvolles Nest direkt ans Haus (Efeu) gebaut. Dann kam seine Herzliebste zur Begutachtung und entschied sich leider gegen dieses Nest. Ein anderes in einem struppigen Busch gefiel ihr besser. Was so ein kleiner Zaunkönig im Frühling leisten muss: Mehrere perfekt gestaltete Nester fabrizieren und hoffen, dass der Dame eines davon zusagt …..

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    • Hallo rotherbaron! Herzlich willkommen auf meinem Blog 🙂
      Ja, ein sehr großer Aufwand! Und dann ist der noch so winzig. Das ist ja toll, dass du ihn beim Nestbau beobachten konntest! Zumindest lese ich das aus deinen Zeilen heraus?
      Ich hoffe ja immer, dass er auch bei uns im Garten mal ein Nest baut, vielleicht tut er das aber ja auch, nur kriegen wir es nicht mit. Wir haben so ein paar Gestrüppecken und Asthaufen, wo nie jemand von uns hingeht. Wer weiß…

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