Am Wochenende war ich laufen. Durch einen sonnendurchfluteten Kiefernwald, die Heide in voller lila Blüte. Eigentlich müsste es hier nur so Summen und Brummen vor lauter Nektarsuchenden Insekten… Friedlich ist es an einem Sonntagmorgen im Wald. So wie ich an den Bäumen vorbeilaufe, laufe ich auch an meinen Gedanken vorbei. Mal taucht dies, mal taucht jenes auf. Nichts bleibt lange, zack, wieder weg. Ich bin viel zu sehr mit dem Laufen beschäftigt, als dass mich Gedanken lange in Anspruch nehmen könnten…
Mann, sind hier viele Mistkäfer unterwegs! Was führen die für ein gefährliches Leben, laufen sie doch ausgerechnet auf den Wegen umher, die auch wir Menschen benutzen, auf der ewigen Suche nach Mist…
Blauschillernde Käferleichenteile.
Eine plattgefahrene Blindschleiche.
Eine Holzbrücke.
Na toll, erst die Hälfte, und mir tun die Beine schon weh…
Eine Eidechse huscht weg.
Ein kleiner Hügel.
Hasta la victoria siempre! Immer bis zum Sieg… wenn ich es hier so aufschreibe, klingt es irgendwie übertrieben, aber in dem Moment, in dem man sich den x-ten blöden Hügel hochkämpft, braucht man einfach Durchhalteparolen.
Durchhalteparolen… die brauchen wir auch ganz woanders noch. Weit ist der Weg… obwohl so weit ist er gar nicht mehr, die Menschheit fährt gerade mit Vollgas auf einen Abgrund zu. Diesen Zug aufzuhalten, ja, das müsste man…
Müsste, könnte, sollte, hätte. Man. Nicht „man“.
WIR! Das ist eigentlich der Punkt. WIR!
Eine Blindschleiche – Hui! Du solltest nicht hier auf dem Weg liegen, sonst wirst du auch plattgefahren! Huschhusch, fort mit dir!
Noch eine Eidechse.
Schon wieder ein Hügel. Verflucht…
Plötzlich habe ich ein Bild vor Augen, das ich die Tage irgendwann auf twitter gesehen habe. Carola Rackete sitzt da in einer Fernsehshow (keine Ahnung welche) und hat ein grünes T-Shirt mit einem großen schwarzen Logo an, das Logo der Bewegung Extinction Rebellion.
Eine vom Biber gefällte Weide.
Eine kleine Kröte. Wow! Jetzt wär ich fast hingefallen, um nicht auf sie zu treten!
Carola Rackete spricht in der Fernsehshow über die Zusammenhänge von Flucht und Klimakrise.
Noch eine Holzbrücke.
Und schon wieder einer dieser blöden Hügel…
*kämpfschnaufwiemichdienervenDurchhalteparole!*
Oben angekommen fasse ich einen Entschluss. Was Rackete kann, kann ich auch! Wenn sie in einer Fernsehsendung sagen kann, dass sie sich der Extinction Rebellion-Bewegung angeschlossen hat, kann ich das auf meinem Blog auch.
Voila.
Gedacht, gesagt getan.
Machen ist wie wollen, nur crasser.

Warum ich mich Extinction Rebellion angeschlossen habe? Einfach weil es notwendig ist. Alles, was ich persönlich tun kann, tue ich seit vielen Jahren, doch es reicht leider einfach nicht. Ich stoße an meine persönlichen Grenzen, schon lange. Und trotzdem geht das Artensterben weiter. Trotzdem steuern wir auf eine 4 bis 5°C wärmere Welt zu, weil die Menschheit einfach so weiter macht wie bisher. Es ist leider keine ferne Zukunftsmusik, das wird nicht erst in 100 oder 200 Jahren passieren, sondern wir, die jetzt leben, werden das erleben. Was das bedeutet? Die sonst so nüchterne und kontrovers diskutierende Wissenschaft ist sich darin erstaunlich einig und formuliert es ziemlich crass: Ob mensch das (gut) Überleben wird, ist fraglich.
Es ist keine Lösung, das alles einfach hinzunehmen, die Schultern zu zucken und zu sagen: Ich kann eh nichts machen. Wir können doch diese wunderbare Welt, all diese Lebewesen, unsere Zukunft nicht ohne Kampf aufgeben!
Und das Ding ist: so wie es mir geht, geht es vielen von uns! Nur hat sich das bisher fast niemand getraut, laut auszusprechen. Aber jetzt sagen wir es laut! Und weil wir es laut sagen, merken wir plötzlich, wie viele wir eigentlich sind.
Unsere erste Forderung: Erzählt endlich die Wahrheit!
Die aktuelle Klimakrise und das aktuelle Artensterben als Folge des Handelns und gleichzeitig des Nicht-Handelns der Menschen, der Politik und der Wirtschaft geht uns sehr nahe. Es löst in Beklemmung, Verzweiflung, Angst und Trauer aus. Lange Zeit haben wir diese Gefühle mit uns selbst ausgemacht. Wir haben versucht, so gut wie möglich in unserem nahen Umfeld zu wirken. Wir überdenken immer wieder unseren persönlichen Lebensstil, um unseren persönlichen Beitrag zum aktuellen Artensterben und zur Klimakrise so weit wie möglich zu verringern. Wir stehen an Infoständen, unterschreiben Petitionen und Volksbegehren, gehen auf Demos.
Doch das reicht einfach nicht mehr. Eigentlich reicht es schon lange nicht mehr. Die Rahmenbedingungen müssen sich ändern, doch die Politik reagiert nicht. Sie enttäuscht uns immer wieder. Und wir sind in all unserem Tun zum Scheitern verurteilt. Wir scheitern an einem Umfeld, das sich nicht verändern will. Wir scheitern an einer Politik, die Wirtschaftsinteressen und Großinvestoren mehr Gehör schenkt als dem Leben um uns herum. Wir scheitern an einer Landwirtschaft, die den Interessen von Agrarkonzernen und Großgrundbesitzern mehr verpflichtet ist als den Konsumenten. Und wir scheitern an einer Wirtschaft, die nur den monetären Gewinn im Blick hat.
Diese Trauer und diese Verzweiflung um den Verlust all diesen wunderbaren Lebens um uns herum und die Angst, was das letzten Endes auch für uns Menschen bedeuten wird, sowie die Ängste, die die Klimakrise in uns auslösen, wollen wir nicht mehr länger alleine mit uns herumtragen.
Wir wollen ihr Ausdruck verleihen, sie nach außen tragen, hinaus in die Welt!
WIR sind jetzt Extinction Rebellion.
Und wenn es dir genauso geht, dann schließ dich uns an.
Wir rebellieren für das Leben!
Ab dem 07.10. in Berlin.
www.extinctionrebellion.de