Geschichten vom Weniger – das neue Mehr

Streng genommen ist das kein Naturgartenthema. Andererseits ist es sehr wohl sehr eng mit unseren Gärten verknüpft, mit dem, was wir hier beobachten, was darin wächst und lebt. Schließlich sind unsere Gärten keine isolierten Inseln, sie sind Teil unserer Umwelt – oder besser gesagt: unserer Mitwelt – und Teil der Biosphäre.
Und alles in dieser Biosphäre schreit.

Wenn ich anfange, genauer darüber nachzudenken, merke ich, wie sich in mir ein dunkler Abgrund auftut. Beklemmende Gefühle wirbeln wie ein Strudel herum, die ich lieber nicht an mich heranlassen will. Es ist Angst vor dem, was da vor sich geht, Angst vor den Folgen, vor der Unumkehrbarkeit. Oder wie Prof. Maja Göpel es so schön sagt: „ Die Irreversibilität der Regenerationsfähigkeit unserer Ökosysteme ist, glaube ich, weitgehend noch nicht verstanden worden.“ *

Wer jetzt lächelnd die Augen verdreht und denkt: „Na, ein bisschen überreizt, was? Zu viel Drama!“, dem kann ich nur sagen: Der Erde ist ziemlich egal, wie sehr wir Augenverdrehen und verdrängen. Ihr sind unsere Ausreden egal, mit denen wir seit den 1970er Jahren wider jedem besseren Wissens Klimawandel und Artensterben ignorieren und das Gegenteil von dem tun, was richtig wäre. Die Folgen spüren wir alle – Augen verdrehen hin oder her – und vor allem betrifft es alle, die jünger sind als wir…

Das Gute ist: Wir wissen eigentlich auch genau, was zu tun ist. Wir wissen, wie eine andere Lebensweise, ein „gutes Leben für alle“ aussehen kann. Es gibt bereits hunderte von wissenschaftlichen Arbeiten und Büchern, die alles genau beschreiben, und zahlreiche Konzepte zur Umsetzung.
Wir müssen es   einfach   nur    tun.

Schlechtes Gewissen, Ausreden, Trägheit, Faulheit, adios! Ärmel hochkrempeln! Und loslegen! Geht nicht, gibt´s nicht. Wenn es (noch) keine Lösung gibt, brauchen wir eine! Wenn es sich nicht sofort lösen lässt, dann vielleicht etwas später! Einfach mal machen!

Jede*r von uns hat Ressourcen, unterschiedlich verteilt, aber sie sind da – Zeit, Energie, Köpfchen und finanzielle Möglichkeiten. Bisher setzen wir sie größtenteils dafür ein, einen Lebensstil zu pflegen, der die Welt zerstört. Wir können aber auch anfangen, unsere Ressourcen anders einzusetzen.
Denn: „70% aller Wirtschaftsaktivitäten sind von Konsumenten abhängig.“

Diesen Satz muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen – was für Chancen stecken in ihm!

Der Satz kommt aus diesem Dokumentarfilm, Fairytales of Growth – das Märchen vom Wachstum. Man kann ihn nicht beschreiben, man muß ihn gesehen haben.
Eine lohnende #Quarantüre (QuarantäneLektüre) für den Lockdown!
47 min – Starke Bilder, klare Worte – in Englisch, und mit deutschen Untertiteln.

Ja, das Wachstum, als Allheilmittel gilt es. Und gleichzeitig löst es immense Probleme aus, für die es wiederum keine Lösungen hat. Wie soll das auch gehen, stetiges Wachstum? Für Wachstum braucht man immer Ressourcen und Platz. Platz und Ressourcen sind immer endlich. Unser Planet hat Grenzen, planetare Grenzen. Wachstum und Ressourcennutzung lassen sich nicht absolut entkoppeln.

Wir brauchen also dringend neue, wahre Geschichten über unser Leben und unseren Alltag.
Keine Märchen mehr von Wohlstand und Wirtschaftswachstum,
sondern gute Geschichten von Wohlbefinden und Degrowth.

Darum geht es hier jetzt.



* Prof. Maja Göpel in der Pressekonferenz Scientists for future, 12. März 2019

8 Kommentare

  1. Natürlich ist das ein Naturgartenthema! Schon die Entscheidung für einen Naturgarten oder einen naturnahen Garten ist eine Entscheidung für die Umwelt, gegen das Artensterben. Meiner Generation ist das „Weniger ist mehr“ noch in die Wiege gelegt worden, denn in der Nachkriegszeit gab es kein „mehr“. Stattdessen haben wir gelernt, dass Konsum zwar durchaus mal ganz schön sein kann, aber dass es viel wichtigere Dinge gibt: gegen ein gutes Gespräch, einen Spaziergang, ein paar Stunden in der Natur oder im Garten ist ein Einkaufsbummel einfach nur langweilig und wie ich finde eher lästig. Die Haltung des Einzelnen ist zwar gegenüber einem globalen Problem wie dem Klimawandel oder der globalen Kunststoff-Müllverteilung nur ein winziger Gegenbeitrag, aber wenn in den letzten Jahrzehnten mehr Menschen danach gelebt hätten, gäbe es heute ein paar Probleme weniger. Es stimmt, das Bewusstsein, dass wir Teil der Natur sind, ist zu vielen Menschen abhanden gekommen und muss mühsam neu erlernt werden. Der Erde ist es egal, was wir Menschen treiben, sie braucht uns nicht, aber wir brauchen sie. Und ich denke, dass auch der winzigste Beitrag jedes Einzelnen wichtig ist, um eine lebenswerte Zukunft zu gestalten, so wie jedes Sandkorn und jeder Wassertropfen wichtig sind, um eine Wüste oder ein Meer zu bilden.

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    • Vielen Dank für deine Worte! 🙂 Du sprichst da etwas sehr wichtiges an!
      Ich weiß zwar nicht, wie alt du bist 😉 (fragt man ja auch nicht 😉 ). Ich erlebe leider in der älteren Generation sehr viele, die mir zwar genau das erzählen, was du schreibst, aber eben auch meinen: Weil sie als junge Menschen diese Einschränkungen erlebt haben (die Einschränkungen waren ja damals nicht freiwillig), sei jetzt mal die jüngere Generation dran, die ja in solchem Luxus aufgewachsen sei (als ob sie etwas dafür könne, dass sie keine Nachkriegsgeneration ist), und ja jetzt erstmal selbst mit Einschränkungen klar kommen müsse, bevor sie sagt, was wir alle tun sollten. Und dann werden die jungen Menschen als Beispiele herangezogen, die sich am Ballermann die Birne wegdröhnen.
      Unter den jungen Klimaaktivist*innen hingegen kenne ich nur welche, die sich sehr stark mit ihrer Lebensweise auseinandersetzen, bis dahin welchen Beruf sie ausüben werden, um aus den Fahrwassern rauszukommen. Mädels, die sich überlegen, dass sie keine Familie in die Welt setzen wollen, weil sie Angst um die Zukunft ihrer Kinder haben…
      Tja, man sieht, es hat nichts mit dem Alter zu tun. 🙂
      Letzten Endes führt uns dieser Generationenvergleich auch keinen Schritt weiter. In Deutschland haben wir einen ökologischen Fußabdruck von 12 Tonnen CO2 im Jahr – haben dürften wir weltweit nur 1-2 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr, um die Klimaneutralität zu erreichen und den weiteren Temperaturanstieg aufzuhalten.
      Da spielt es keine Rolle, wie alt man ist :-).

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      • Ich erlebe in meiner Umgebung auf dem Land – und höre es von noch Berufstätigen -, dass gerade Jüngere sich sehr schwer tun mit Einschränkungen, ob wegen Corona oder aus Umwelt/Klima-Gründen. Aber das hängt auch damit zusammen, mit welchen Leuten man vorwiegend zu tun hat. Und im Alter kann man vieles, auch die Corona- und andere Einschränkungen, gelassener sehen. Ich habe aber den Eindruck, dass es – bei jung und alt – noch viel zu wenige sind, die sich echt Gedanken um die Umwelt machen. Was die (weitgehend) naturnahe Garten-Gestaltung betrifft, bin ich jedenfalls ziemlich allein im weiten Umkreis – womit wir wieder beim Ausgangsthema sind.

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      • Ja, ich denke auch: Das hängt sehr davon ab, mit welchen Menschen man redet. Es hat nichts mit dem Alter zu tun, sondern mit dem Wissen und v.a. der Einsicht, dass ein Weiter so einfach nicht geht.
        Tatsache ist auch: Junge Menschen werden die Auswirkungen noch sehr viel härter und stärker treffen, ganz einfach, weil sie es erleben werden, weil es ihren Lebenslauf weitaus stärker beeinflussen wird und weil es v.a. auch wieder deren Kinder treffen wird. Vielleicht kannst du dir denken, wir es den jungen Menschen, denen diese Tragweite bewusst ist…
        An die Zukunft der jetzigen Kinder möchte ich gar nicht erst denken…

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      • Du hast recht. Trotzdem muss ich relativieren: Meine Großeltern mussten zwei Weltkriege erleben, meine Eltern „nur“ einen und mussten sich nur mit einem Rucksack auf dem Buckel ein neues Leben suchen. Und ein Blick in die Geschichte zeigt: Leben war immer für die meisten Leute eine Abfolge von Hunger, Krankheit, Krieg und Not. In anderen Ecken der Welt ist es bis heute so. Auf den Klimawandel können wir uns zumindest vorbereiten, jedenfalls in unseren Breiten. Diese Möglichkeit hatten unsere Vorfahren nicht. Schlimm ist nur, dass nach wie vor Dummheit, Ignoranz, Machtstreben und Geld mehr ausrichten als die Vernunft.

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      • Ja, da geb ich dir voll recht! Wir verpassen es zwar gerade grandios, uns auf die Klimakrise vorzubereiten ;-), weil nach wie vor viele lieber nichts davon wissen wollen, aber theoretisch könnten wir oder hätten wir können.
        Was ich wichtig finde: Niemand kann etwas dafür, in welche Zeit er hineingeboren wird. Jungen Menschen vorzuwerfen, dass sie „ja keinen Krieg erlebt haben und ja gar nicht wissen, was Einschränkungen sind“, find ich ziemlich daneben. Und ihnen vorzuwerfen, dass sie von ihren Eltern verwöhnt wurden – ja, da stimmt auch irgendwie Ursache und Ergebnis nicht.

        🙂 An dem, was wir hier beide zusammentragen, sieht man echt sehr gut, wie wichtig hier der Blick über den Tellerrand und Perspektivenwechsel ist! Und dass diese gegenseitigen Vorwürfe einfach nicht weiterführen 🙂

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