Wer bist du denn?

Fast hätte ich ihn zerquetscht! Obwohl er doch so riesig ist (gut 6 cm lang), aber was für eine gute Tarnung! Sitzt da am hellichten Tag am Terassentürrahmen, an dem ich mich gerade mit der Hand abstützen wollte, um unter dem halb heruntergelassenen Rollo ins Haus zu schlüpfen.

Oh mann, das wäre was gewesen…
Jetzt hab ich ihn zwar auch erwischt, aber mit der Kamera. Viel besser!

Und, wer bist du, geheimnisvoller schöner Falter?

 

Darf ich vorstellen?

Der Ligusterschwärmer

Sphinx ligustri – was für ein schöner lateinischer Name! Erhaben und geheimnisvoll  – genauso wirkte er auch, als er da saß.

Als Raupe frisst er vor allem Liguster, aber auch Flieder und Esche, und gelegentlich auch am Spierstrauch. Letzteres ist ungewöhnlich, denn die Hauptfutterpflanze (Liguster) sowie Flieder und Esche gehören zu den Ölbaumgewächsen, der Spierstrauch ist aber aus einer anderen Pflanzenfamilie, Rosengewächse. Normalerweise stammen die Futterpflanzen aus dem gleichen Verwandtschaftskreis.

Die ersten drei wachsen bei uns im Garten, alle vier Gehölze kommen hier rundherum überall vor. Seltsam eigentlich, dass wir ihm nicht schon öfters begegnet sind. Gut, er ist dämmerungs- und nachtaktiv, aber seine megacool aussehenden Raupen sind doch sehr auffällig (Foto: hier), oder?

Zur Verpuppung zieht sich die Raupe im September in den Boden zurück. Mmh, solche Puppen (auf dem verlinkten wiki-Foto ganz rechts) hab ich tatsächlich schon mal bei uns entdeckt, aber ob es genau die vom Ligusterschwärmer war?

Aha! Hier* steht es: „Obwohl es so viel Liguster gibt und die Raupen auch Flieder, Esche und Spiersträucher fressen, taucht der Schmetterling nur gelegentlich auf.“ Der Kosmos-Schmetterlingsführer** schreibt ähnlich: „Der starke Rückgang dieser Art in vielen ehemaligen Vorkommensgebieten erscheint etwas rästelhaft, zumal an der wichtigsten Futterpflanze (Liguster) auch heute kein Mangel herrscht.“

Tja, für das Vorkommen oder Nicht-Vorkommen einer Art sind eben viele Faktoren entscheidend, auch wenn das Vorhandensein der Futterpflanze natürlich der wichtigste ist. Ich könnte mir vorstellen, dass intensiver Heckenschnitt, wie er während des Sommers, und damit während der Lebenszeit der Raupen (Mai bis August) standardmäßig durchgeführt wird, nicht so förderlich ist für deren Überleben. Wenn ich mir überlege, wie vor ein paar Tagen ein Stück weiter oben die Ligusterhecken eines Freizeitgrundstücks samt Flieder mit Motorheckenscheren bearbeitet wurden. FALLS da Raupen dransaßen… ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich bei solchen Aktionen schnell genug zurückziehen (können). Raupen sind nicht gerade Fluchttiere, sie schützen sich durch Tarnung und Abschreckung. Beides nicht hilfreich im Zusammenhang mit Heckenscheren.

Ja, und dann gibt es ja noch die nicht unerheblichen Mengen an Pestiziden, die, unter nettem Namen als notwendige Gartenhelfer getarnt, in nicht unerheblichen Mengen in Gärten versprüht werden… Aber das ist ein Kapitel für sich.

 

Jetzt freu ich mich einfach, dass wir diesen tollen Falter entdeckt haben!

 

 


* Margot und Roland Sphon: Bäume und ihre Bewohner. Der Naturführer zum reichen Leben an Bäumen und Sträuchern. Verlag: Haupt, Bern (Schweiz). 1. Aufl. 2016.

** Heiko Bellmann: Der neue Kosmos-Schmetterlingsführer. Schmetterlinge, Raupen, Futterpflanzen. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH, 2003 (also nicht mehr so neu, gibt aber eine  Neuauflage von 2016).

22 Kommentare

    • Ach, dann sind sie doch nicht so schwer zu entdecken wie im Buch behauptet! Die Raupen sehen auch so auffällig aus und sind so groß. Ich glaube, ich muß mal ganz gezielt unsere Liguster absuchen…

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      • Mmh, dann hat sich in der Umgebung was verändert, was den Faltern nicht so gut getan hat. Nun ja, Artensterben bedeutet ja genau das: Dass die Arten verschwinden…

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  1. Schöne Fotos von diesem beeindruckenden Falter!

    Hinter dem sind ich und meine Kamera auch schon länger her, aber bislang erfolglos. Zweimal hätte ich die Chance auf ein Foto gehabt – beide Male war die Kamera nicht zur Hand. Zum weinen… 😉
    Immerhin kann ich mich im Garten aber öfter mal über seine Raupen freuen, das ist ja auch etwas. 😀

    LG Steffy

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  2. Der sieht tatsächlich mysteriös schön aus 🙂 Die tollen Raupen habe ich noch nie gesehen. Interessant, was die anderen sagen. Also hat sich tatsächlich etwas anderes verändert. Die Natur ist so komplex und wir pfuschen mit einem Handstreich dazwischen. In eurem Garten gibt es bestimmt mehr davon und vielleicht begründen sie bei dir eine neue Ligusterschwärmerkolonie 🙂

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    • Hihi! Das wär ja cool! Bestimmt gibt es mehr! Die meisten Tiere nehmen wir ja gar nicht wahr, entdecken sie nur zufällig. Selbst wenn wir sie gezielt suchen, heisst das nicht, dass man zur selben Zeit wie sie am gleichen Ort auftaucht und sich sozusagen trifft.

      Ja, wir wissen erstaunlich wenig, über die Lebensweise der meisten Insekten wissen wir kaum etwas. Auch bei heimischen Tierarten, bei denen man denkt, da ist alles klar, wie Igel oder viele Singvogelarten oder auch Amphibien – Wenn man anfängt, ganz gezielt nach Antworten zu bestimmten Fragen zu suchen, merkt man schnell, wie widersprüchlich Infos sein können und wie wenig wir wirklich wissen!

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    • Vermutlich gibt es auch bei dir den Schwärmer, aber sie zu entdecken, als dämmerungs- und nachaktive Tiere mit super Tarnung, das ist einfach Glückssache oder totaler Zufall. Viel Glück! Liebe Grüße! Sabine

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